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Was ist Natur?

Erste Führung des integrativen Projektes „Natur gemeinsam erleben“ im Jahr 2023

Die Antwort erfuhren 21 Kinder, Frauen und Männer der Gemeinschaftsunterkunft in Heidenrod-Kemel am 14.04. während der ersten Führung des integrativen Projektes „Natur gemeinsam erleben" im Jahr 2023.

Das Pilotprojekt der Kooperation des Naturparks RheinTaunus zusammen mit der WIR-Koordination des Rheingau-Taunus-Kreises startete bereits im Jahr 2020, musste dann aber wegen der Corona-Pandemie pausieren. 2023 wird das Projekt mit insgesamt vier Veranstaltungen an zwei Unterkünften für Menschen mit Fluchterfahrung fortgeführt.

 

 

Bei herrlichem Sonnenschein und milden Temperaturen ging es, die beiden ehrenamtlichen Naturparkführer Katharina Bahn und Thilo Knop voran, endlich los. Doch nach knapp 100 m war auf einer Wiese der erste Halt. Die Wanderfreudigen, einige erst seit ein paar Wochen in Deutschland, stellten sich der Reihe nach vor und begrüßten mit den beiden Naturparkführern den Frühling mit allen Sinnen. Allen, denen das Wort „Katze" bereits bekannt war, verwunderte es kaum, woher der flauschige Frühlingsbote „Weidenkätzchen" seinen Namen hat. Gut gelaunt liefen die Kinder voraus und entdeckten den Wald mit seinen sanften Hügeln und den Ästen auf dem Boden als ihren Spielplatz, während die Eltern auf den mitgebrachten Karten erstaunt feststellten, dass Kemel mitten im Naturparkgebiet liegt. Die Naturparkführer fanden heruntergefallene Waben von Wildbienen. Wer da wohl drin gewohnt hat? „Fliege", sagte ein Mann. „Nein, bee!", wandte eine junge Mutter ein und Katharina gab Recht. Sie erklärte, dass darin der Honig der Bienen war. Motiviert durch den spannenden Fund, blieb den wachsamen Kinderaugen der Müll, den andere Menschen hinterlassen haben, nicht verborgen. Schnell sammelte Naturparkführerin Katharina die Flaschen ein, was zu Verwunderung und Fragen führte. Thilo erklärte, dass Müll dem Wald schade. „Daran kann man sich schneiden!", ergänzte ihn ein Junge aus Syrien. Fix wird der Fund zum Anlass genommen, die Verhaltensregeln im Wald zu erklären: z.B. Müll mitnehmen, nicht rauchen, kein Feuer. „Wenn man leise ist, kann man die Vögel hören", sagte Thilo und ermunterte zum Zuhören. Bildkarten von Specht und Co. zeigten die Vögel, die die Gruppe oftmals nur hören konnte.
Einen Rotmilan bei der Jagd konnten jedoch alle beobachten. Apropos Jagd. „Was ist denn das?", hatte Thilo gefragt und auf einen Hochsitz gedeutet. Pfiffige Grundschüler hatten das Schild am Hochsitz schon entdeckt und boten an, vorzulesen. Naturparkführer Thilo zeigte seinen Jagdschein. Er erklärte der Gruppe: „In Deutschland darf man nur jagen, wenn man eine Ausbildung und eine Prüfung gemacht hat und auch dann gibt es viele Regeln." Die jungen Männer zeigten sich beeindruckt. Erschrocken waren sie jedoch über die Kosten der Ausbildung. Sie wollten ihr Fleisch dann doch lieber im Supermarkt kaufen. Nach dem Stillstehen und Zuhören stand wieder etwas Action an. In vorbereiteten Eierkartons sammelten die Kinder eine Vielzahl an kleinen Schätzen wie Blätter, Moose, Flechten, Tannenzapfen, Schiefergestein, Samen und Löwenzahn. So gab es auch keine Langeweile während des Fußmarsches. Wie das wohl alles heißt? Gemeinsam wurden die Schätze besprochen und Fragen darüber beantwortet, ob dieses oder jenes essbar sei. Vorbei an einem Teich, in dem leider nur die Enten schwimmen dürfen, ging es einen Waldweg bergauf. Nicht erst jetzt bewies sich Herr Sayedi als sehr hilfsbereit und bot einer Mutter an, den Kinderwagen den Hang hochzuschieben. Der junge Mann, der an der Unterkunft als Hausmeister arbeitet und selbst einen Migrationshintergrund hat, half beim Übersetzen und war stets umringt von den Kindern der Einrichtung. „Ich möchte gerne im Kindergarten arbeiten, aber ich bin nie zur Schule gegangen. Dann geht das nicht in Deutschland", erklärte er Katharina und Thilo. Die Gespräche mit den Bewohnerinnen und Bewohnern waren für Naturparkführer Thilo ein besonderes Highlight.
Dass es im Wald jedoch Sinn macht, auch mal leise zu sein, konnte die Gruppe erleben, als direkt vor ihnen ein Hirschbock auftauchte. Erst, als er die aufgeregten Freudenrufe der Gruppe vernahm, floh er ins Unterholz.
Kurz, bevor es wieder zurück zur Unterkunft ging, wurden ein paar große Äste für das letzte Spiel gesammelt. Der Vorteil an dem Delta-Spiel, einem alten römischen Wurf- und Geschicklichkeitsspielspiel ist, dass es ohne Vorbereitung gespielt werden kann. Es werden lediglich Stöcke für das Spielfeld und Steine oder Zapfen zum Werfen gebraucht und schon kann es losgehen. Ein bisschen wie beim Ringe-Werfen auf der Kirmes, nur kostenlos und überall unterwegs zu spielen. Der Gruppe bereitete es viel Spaß. Am Ende der Veranstaltung wurden Waldfibeln sowie Kalender vom Umweltministerium verschenkt und es wurde sich mit den Worten „Bis zum nächsten Mal!" verabschiedet, denn im September werden die beiden Naturparkführer wieder zu Gast bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Gemeinschaftsunterkunft in Kemel sein.

Eingetragen am: 02.05.2023

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